Neues Anlagenkonzept für die Galliumnitrid-Herstellung
Galliumnitrid (GaN) gilt als Halbleitermaterial der Zukunft. Doch noch ist die Herstellung sehr teuer. Gemeinsam mit Forschern aus der Industrie haben Wissenschaftler vom Fraunhofer THM in Freiberg ein neues Anlagenkonzept entwickelt, welches die Herstellungskosten von GaN deutlich senkt. Damit ergeben sich Chancen auf neue Arbeitsplätze am Halbleiterstandort Freiberg.
Galliumnitrid (GaN) ist ein wichtiges Halbleitermaterial. In Form weißer und blauer Leuchtdioden findet es Anwendung in energiesparenden Lichtquellen und als blaue Laserdioden im Bereich der Datenspeicherung. Beim effizienten Verstärken und schnellen Übertragen von Informationen spielen Transistoren aus GaN für den Mobilfunk eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus wird GaN für verlustarme und hocheffiziente Leistungsbauelemente zum Wandeln elektrischer Energie eingesetzt, zum Beispiel in Leistungswandlern bei der Photovoltaik oder in Elektrofahrzeugen.
GaN-Bauelemente basieren heute überwiegend auf einer hauchdünnen GaN-Schicht, die auf einem Trägersubstrat aus Saphir, Silizium oder Siliziumkarbid epitaktisch abgeschieden wurde. Nur in geringem Umfang werden GaN-Bauelemente auf arteigenen GaN-Substraten hergestellt, obwohl die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit dieser Bauelemente deutlich höher wäre als bei GaN-Bauelementen, die auf Fremdsubstraten produziert werden. Grund für den geringen Marktanteil der auf arteigenen GaN-Substraten hergestellten Bauelemente ist der extrem hohe Preis für die GaN-Substrate. Bezogen auf das Gewicht, ist ein GaN-Substrat mit einem Durchmesser von 100 mm heute fast zehnmal teurer als Gold.
Die Hauptursache für den hohen Preis ist der Aufwand bei der Produktion großer GaN-Einkristalle, aus denen die Substrate gefertigt werden. Aufgrund des hohen Schmelzpunkts von GaN von über 2500 °C und wegen des hohen Dampfdrucks von mehr als 100 000 bar können die klassischen Verfahren zur Züchtung großer Kristalle nicht eingesetzt werden. Anders als beispielsweise Silizium- oder Galliumarsenid-Kristalle lassen sich GaN-Kristalle auch nicht kostengünstig durch Abkühlen der Schmelze herstellen.
GaN-Einkristalle stellt man heute vorwiegend nach dem sogenannten HVPE-Verfahren (Hydride Vapor Phase Epitaxy) her. Bei der HVPE-Methode reagiert zunächst gasförmiger Chlorwasserstoff mit flüssigem, ca. 880 °C heißem Gallium zu Galliumchlorid. Bei Temperaturen zwischen 1000 °C und 1100 °C wird das Galliumchlorid in einer Reaktionszone in die Nähe eines GaN-Kristallkeims gebracht. Unter Kontakt mit einströmendem Ammoniak verbindet sich das Galliumchlorid mit dem Ammoniak unter Freisetzung von Chlorwasserstoff zu kristallinem GaN.
Schon in der Vergangenheit ist es Experten der Freiberger Compound Materials GmbH (FCM) gelungen, GaN-Kristalle mit 50 mm Durchmesser und mit Dicken von einigen Millimetern herzustellen. Wissenschafliche Analysen am Fraunhofer THM in Freiberg sowie am Fraunhofer IISB in Erlangen, einem Mutterinstitut des THM, haben dabei ergeben, dass die Materialeigenschaften und Herstellungskosten mit dem GaN-Material der Wettbewerber vergleichbar waren. Seit Ende 2011 entwickeln FCM- und Fraunhofer-Forscher in einem gemeinsamen Projekt das HVPE-Verfahren nun weiter, um die Herstellungskosten zu senken und dadurch die Kommerzialisierung der GaN-Substrate voranzutreiben.
„Die Kostensenkung bei der Herstellung von GaN-Substraten wird dabei über drei Wege verfolgt“, erklärt Dr. Jochen Friedrich, Sprecher des Fraunhofer THM und gleichzeitig Leiter des Geschäftsfeldes Materialien am Fraunhofer IISB. „Zum einen erlaubt ein völlig neues HVPE-Anlagenkonzept die gleichzeitige Herstellung mehrerer GaN-Kristalle während eines Versuchsdurchlaufs. Zum Zweiten zeigen neu entwickelte Reaktor-Inneneinbauten aus neuen Materialien einen deutlich verringerten Verschleiß gegenüber der extrem korrosiven Gasatmosphäre. Zum Dritten misst ein direkt in das Anlagenkonzept implementiertes in-situ-Messverfahren erstmalig den Prozessverlauf direkt am wachsenden GaN-Kristall. Die Prozessentwicklung und die Prozesskontrolle lassen sich so wesentlich beschleunigen und verbessern.“
Die neue HVPE-Anlage des Fraunhofer THM ist seit Anfang 2014 in Freiberg in Betrieb. Schon nach sehr kurzer Zeit ist es mit der HVPE-Anlage gelungen, bei guter Materialqualität sowohl transparente GaN-Schichten als auch GaN-Kristalle mit Dicken im mm-Bereich herzustellen. Dank der bisherigen Ergebnisse sind die Forscher sehr zuversichtlich, die Qualität der GaN-Kristalle weiter zu verbessern und das Kostensenkungspotenzial der neuen Technologie zu demonstrieren. „Für FCM wurde damit eine wichtige Voraussetzung geschaffen, auch zukünftig GaN-Substrate auf dem sich bis 2020 verdreifachenden Markt anbieten zu können. Dazu trägt die mit dem Fraunhofer THM und weiteren Forschungspartnern abgestimmte GaN-Forschung am Standort Freiberg maßgeblich bei.“, erläutert Dr. Stephan Eichler, Technischer Direktor von FCM.
Das Verbundprojekt wird durch das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Freistaats Sachsen gefördert.
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